Bleibt ja unter uns
Bleibt ja unter unsAls Reisender in Deutschland
Krachkultur, Heft 19/2018
Jedes Mal, wenn ich von einer Reise heimkehre, sind ein paar Worte verschwunden, von einem beflissenen Zeitgeist aus dem normalen Sprachschatz aussortiert und in den Sprachuntergrund abgewandert. Jedes Mal ist es wieder ein Stückchen schwieriger geworden das Miteinander-Reden, Miteinander-Auskommen, selbst unter Stammgästen. Am Tresen erzählt man mir, daß Frank während meiner Abwesenheit Sympathien für das neue Heimatministerium geäußert hätte, und das als SPD-Wähler. Wer Heimat sagt, ist Nazi! habe ihm Niels ins Gesicht gesagt und sich zur Hälfte laute Zustimmung und zur anderen Hälfte schweigende Ablehnung eingehandelt. Woraufhin Frank gezahlt habe und verschwunden sei.
Zu Hause erinnere ich mich, daß uns Niels bei jeder Fußball-WM hat wissen lassen, er fühle sich nicht als Deutscher, sehr wohl hingegen als Hanseat. Gerade darin erschien er mir immer sehr deutsch ein stolzer Duodezfürst, seiner eigenen Beschränktheit froh. Daß er uns jetzt die Heimat schlechthin entziehen will, ist bitter. Heimat ist für den Reisenden ein unentbehrliches Wort, es winkt mit dem Urvertrauten, wenn es in der Fremde gerade besonders hart kommt. Wohin winkt es mich in Zukunft? Obwohl ich seit 25 Jahren in Hamburg wohne, ist das nicht meine Heimatstadt. Wenn ich an den Tag der Heimkehr denke, denke ich an
Darf ich das jetzt nicht mehr? Aber wie sollte ich beschwingt losreisen, wenn ich keine Heimat mehr habe, in die ich heimkehren kann?
Je länger ich unterwegs gewesen bin, desto enger scheint mir der Horizont der Daheimgebliebenen bei meiner Rückkehr. Im Verlauf der nächsten Tage erfahre ich, daß der Begriff Heimat überall positiv besetzt ist und geradezu Hochkonjunktur hat, allerdings in seiner regionalistischen Variante. Oder als europäische Heimat. Von einer Heimat in Deutschland sprächen nur noch die Rechten, läßt man mich wissen.
Jedes Mal, wenn ich heimkehre, wird es für mich schwieriger, auch mental wieder anzukommen. Immer mehr ist als No-go ausgemustert, was noch vor meiner Abreise ganz normal und unauffällig Teil unsres Alltags war bzw. des Sprachschatzes, in dem wir ihn verhandeln [
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