Mann gegen Mann
Mann gegen MannVon alten und neuen Tugenden
Erscheint bei Hoffmann und Campe am 6.3.2025
Hardcover
256 Seiten
ISBN 978-3-455-01966-7
€ 24,- [D] | € 24,70 [A]
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Entstehungszeitraum: 19/06/2020 – 10/06/2024
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E-Book "Mann gegen Mann"

Erscheint bei Hoffmann und Campe am 6.3.2025
EPUB (891,6 kB)
256 Seiten
ISBN 978-3-455-01967-4
€ 24,- [D] | € 24,70 [A]
Vorabdruck des Vorworts u.d.Titel "Zeitenwende für die Männlichkeit" in Bilder und Zeiten/Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. 2. 2025
Vorabdruck aus den ersten Kapiteln u.d. Titel "Wann ist ein Mann ein Mann" in: Welt am Sonntag, 1./2.3.2025
Vorabdruck des Vorworts u.d. Titel "Warum der Westen eine Zeitenwende für die Männlichkeit braucht" auf welt.de, 5. 3. 2025
Über das Buch
Angesichts der Bedrohung durch Kriege und Gewalt geraten unsere Überzeugungen und gesellschaftlichen Werte zunehmend ins Wanken. Wer verteidigt im Ernstfall unser Land, unsere Freiheit? Die Frage lässt bestehende Männerbilder plötzlich in anderem Licht erscheinen. Brauchen wir jetzt vielleicht Männer, die sich klassischer Rollenmuster erinnern, ohne die neuen Interpretationen ihrer Rolle preiszugeben?
Matthias Politycki macht sich auf die Suche nach einer neuen alten Männlichkeit. Bei der Lektüre von Jorge Luis Borges und Ernest Hemingway fördert er überraschende Erkenntnisse zutage, unter anderem über das Werk der beiden Schriftsteller, das nicht ohne die jeweilige Lebensgeschichte gelesen werden kann – und die gegensätzlicher nicht sein könnte. Was die beiden verbindet, ist ihre lebenslange Sehnsucht nach einer archaischen Männlichkeit. Wie aber definiert sich männliche Identität und wie könnte sie in einer zeitgemäßen Form heute aussehen? Mann gegen Mann ist ein entschiedenes Plädoyer für eine Mitte, in der die Tugenden herkömmlicher wie neuer Männlichkeit zusammenfinden und sich die Waage halten.
Was haben die aktuelle Diskussion über Geschlechterrollen und die beiden Heroen der Literatur des 20. Jahrhunderts, Hemingway und Borges, miteinander zu tun? Durch die Verknüpfung von Literatur, Gegenwartsdebatte und persönlich Erlebtem gelingt Matthias Politycki mit Mann gegen Mann ein bestechend klarer Essay zu einer der drängenden Fragen unserer Zeit.
Leseprobe
Zeitenwende, Männlichkeit
Wieder einmal sind wir in einer Zeit der Kriege angekommen, und obwohl wir noch nicht unmittelbar betroffen sind, hat die konkrete Bedrohung schon vieles ins Wanken gebracht, was wir uns im Lauf der letzten Jahrzehnte an Überzeugungen und an gesellschaftlichen Werten erarbeitet hatten. Dazu gehören auch Lebenskonzepte und Rollenerwartungen, maßgeblich geprägt von einer ganzen Reihe an Generationen, die sich in Sicherheit wähnten.
Selten geht es in bewaffneten Konflikten nur um ökonomische Interessen und territorialen Gewinn, meist geht es auch um ideologische und kulturelle Hegemonie, nicht zuletzt zur Legitimation der Gewalt. Selbst ein offensichtlicher Aggressor wie Rußland begründet seinen Angriff auf die Ukraine unter anderem als „Verteidigung“ gegen das Vordringen westlicher Werte. Ein maßgeblicher Teil der islamischen Welt tut dies nicht minder, auch wenn es ihm in erster Linie um Auslöschung Israels geht. Das Massaker der Hamas vom 7.10.2023 wurde bis Malaysia und Indonesien gefeiert und, als ob das nicht genug wäre, als Aufstand gegen einen angeblichen israelischen Kolonialismus gerechtfertigt.
Was bedeutet das Näherrücken des Krieges für eine Bevölkerung, deren unterschiedlichen Fraktionen und Interessensgruppen vielleicht als letzter gemeinsamer Nenner die Parole „Nie wieder Krieg!“ geblieben ist? Für eine Bevölkerung, die ernsthaft glaubte, sich nie wieder verteidigen zu müssen, und die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht als Beitrag zum ewigen Frieden verstand? Eine Bevölkerung, die sich jetzt vermutlich nicht mal darauf einigen könnte, was überhaupt verteidigt werden sollte – etwa unser Land? Freiheit und Demokratie und die damit verbundenen Lebensformen? Oder doch nur unser Wohlstand?
Und schließlich: Wann müßten wir mit dem Verteidigen denn beginnen – wenn Rußland im Baltikum „bedrohten russischen Minderheiten zu Hilfe eilen“ würde? Oder schon in künftigen Silvesternächten, wenn wir nicht nur Frauen schützen wollten, sondern damit auch unsre Vorstellung vom Zusammenleben der Geschlechter? Gewalt ist Gewalt, in welcher Dimension auch immer, und wir sollten sie zumindest abwehren wollen. Aber wären wir dazu noch in der Lage? Ja wären wir dazu überhaupt bereit, notfalls sogar in der direkten Auseinandersetzung, Mann gegen Mann?
Plötzlich gibt es Fragen, auf die wir rasch Antworten finden müssen. Mir wird schon mulmig, indem ich sie mir stelle. Es geht ja nun nicht mehr nur um Marathonläufe, Hochgebirgstouren oder sonstige sportliche Herausforderungen, in denen man sich bewähren muß. Es geht um den Ernstfall, um das Finden einer Haltung für Tag X. Jeder einzelne, welchen Geschlechts auch immer, muß mit diesen Fragen für sich ins Reine kommen. Ich kann es nur als Mann, fühle mich dazu als Mann auch besonders in der Pflicht. Das mag altmodisch sein, aber vielleicht bin ich mit dieser Haltung weniger allein, als es scheint. Immerhin können Frauen – Gleichberechtigung hin oder her – bei uns nicht zum Kriegsdienst eingezogen werden. Und das sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ regelt, daß im Falle einer Einberufung auch Männer mit geändertem Geschlechtseintrag dem Dienst an der Waffe nicht entgehen. Mann bleibt Mann.
Ich werde mich also bei meiner Suche nach Antworten auf eine männliche Perspektive und überhaupt auf Männer begrenzen und wie wir uns plötzlich wieder neu in Frage stellen müssen.
Oder dürfen? Mehr oder weniger offen wendet man sich in der panrussischen wie der panislamischen Welt, aber auch in einer ganzen Reihe von Staaten des globalen Südens, gegen den Westen und seinen immer kleinteiliger ausdiffenzierten Freiheitsbegriff, nicht zuletzt im Umgang mit Geschlecht und Geschlechterrollen. In den Debatten des Westens fördert man seit Jahren alles, was vom bisherigen Konsens der Mehrheitsgesellschaft abweicht. Ja, man stellt den Begriff des „Normalen“ selbst infrage und versteht ihn als ein Instrument kultureller Hegemonie und Ausgrenzung all derer, die davon (angeblich) abweichen.
In Rußland und in Ländern, die vom Islam geprägt sind, verachtet man uns gerade deshalb – so hat man’s mich auf meinen Reisen seit Jahren immer wieder wissen lassen. Da wie dort inszeniert man sich als moralisch überlegen, als Beschützer der Familie und Bewahrer traditioneller Geschlechterrollen. Man „verteidigt“ die eigenen Vorstellungen von Normalität. Abweichungen von den Überzeugungen des Mainstreams werden nicht etwa gefördert, sondern geahndet – vom Verprügeln bis zur Verbannung in Todeslager oder öffentlichen Hinrichtung.
Wer sich mit Zukunftshoffnungen und -ängsten von Gesellschaften beschäftigt, muß sich zwangsläufig auch mit den divergierenden Erwartungen an Geschlechterrollen auseinandersetzen. Insbesondere Männer und „Männlichkeit“ werden in Kriegszeiten fast zwangsläufig anders beurteilt als in Friedenszeiten, da unsere Vorstellung davon mit Ausübung und Verhinderung von Gewalt verbunden ist. Und Kriegszeiten haben ja gerade wieder begonnen – auch für uns. Brauchen wir jetzt vielleicht Männer, die sich klassischer Rollenmuster erinnern und dennoch die neuen Interpretationen ihrer Geschlechterrolle nicht preisgeben?
[…]
Inhaltsverzeichnis
Zeitenwende, Männlichkeit *** Kühn ** Barockes Erzählen, direktes Erzählen * „Das kraftvolle Mischblut“ * Töten wollen, sterben wollen * Das Messer * Ehrenkodex * Macho sein, Macho spielen * Mutter, Schwester, Bordellbesuch * Minne * Sex * Mehr Fluch als Segen * Pflicht, glücklich zu werden * Die andere Mannwerdung * „Nur dich spüre ich, harte rosa Straße“ * Was bei Feigheit hilft * Kalt werden * Männliches Erzählen * Das edle Duell * Magischer Realismus? * Der Tanz der gleichen Messer * Mythos, Muttersöhnchen, Gott * Barde * Barbaren * Ernst und nur ernst * Die Schublade * Die Vitrine * Hauptsache, es wirkt * Die Liste * Das Schwert und die Schlacht * Mehr Barbaren, noch mehr Barbaren * „Immer die Tapferkeit, immer der Sieg“ * Verschiedene Formen des Muts * Episches Schicksal * Geschichte machen … * … oder Fußnägel schneiden * Gram * Glück * Tiger * Selbstmord * „Ich ist ein anderer“ * Falschspieler * Scharlatan * Das ehrliche Spiel spielen * Gelingendes Leben, gelungnes Leben * Wagenheber ** Staublunge
Interviews & Gespräche
Fehlende Debattenkultur in Deutschland
Gespräch mit Peter Schneeberger, kulturMONTAG, ORF 2, 24.2.2025, zur Seite des ORF
„Es gibt männliche Tugenden, die wir jetzt brauchen“
Interview: Birgit Schmid, NZZ, 7.3.2025, auf nzz.ch u.d.T. „Wir haben uns jahrelang darin gefallen, auf Trump herabzuschauen. Doch das ist noch keine Strategie“, sagt der Schriftsteller Matthias Politycki, zur Seite der NZZ; in: NZZ, Internationale Ausgabe, 8.3.2025
„Da draußen müssen wir die Antwort als Mann geben“
Gespräch mit Jürgen Deppe, NDR Kultur, 9.3.2025; zur Seite des NDR; zur ARD-Audiothek
„Mann gegen Mann“: Ein Mann denkt über Männer nach
Interview: Florian Felix Weyh, LesArt/Deutschlandfunk Kultur, 15.3.2025; zur Seite von Deutschlandfunk Kultur
Oh Mann!
Interview: Manfred Rebhandl, Album/Der Standard, 15.3.2025; zur Seite des Standard
„‚Um Trump beizukommen, muß man den Macho spielen können’“
Interview: Raffael Schuppisser, auch u.d. Titel „‚Wir haben diese Männlichkeit allzu pauschal als toxisch abgewertet’“ in: St. Gallener Tagblatt, Aargauer Zeitung, Schaffhausener Nachrichten, Zofinger Tagblatt, Appenzeller Zeitung, bz Zeitung für die Region Basel, Der Rheintaler, Grenchner Tagblatt, Limmattaler Zeitung, Luzerner Zeitung, Niedwaldner Zeitung, Obwaldner Zeitung, Oltner Tagblatt, Solothurner Zeitung, Thurgauer Zeitung, Toggenburger Tagblatt, Urner Zeitung, Werdenberger & Obertoggenburger, Wiler Zeitung, Zuger Zeitung; online z.B. auf der Seite des St. Galler Tagblatts, 20.3.2025; online auch auf der Seite von ajour.ch (Bieler Tagblatt/Le journal du Jura), 21.3.2025.
Pressestimmen
„Er zählt zu den führenden Schriftstellern Deutschlands und sorgt immer wieder für Debatten.“
(Peter Schneeberger, kulturMONTAG/ORF, 24.2.2025)
„Eine gelehrte Auseinandersetzung mit den Männlichkeitskonzepten der Schriftsteller Jorge Luis Borges und Ernest Hemingway.“
(Tobias Becker, DER SPIEGEL, 9/22.2.2025, zum Essay auf Spiegel online S+
„Tatsächlich prophetisch. […] Hier gilt es anzusetzen.“
(Karl Gaulhofer, Die Presse, 10.3.2025; zur Seite der Presse)
„Brillant herausgearbeitet“
(Florian Felix Weyh, Deutschlandfunk Kultur, 15.3.2025)