Rachengold

Rachengold

erschienen/erscheint bei:

Süddeutsche Zeitung, 9/11/11

Entstehungszeitraum: 21/10/2011 - 04/11/2011

Leseprobe

Beim Literaturfest gibt es in diesem Jahr allabendlich einen „Salon der lebenden Schriftsteller“, in den jeder eingeladen ist, um dort nach der letzten Lesung miteinander und mit uns – den Veranstaltern, Autoren, Moderatoren – ins Gespräch zu kommen. Eine zentrale Kneipe, in der man sich im Rahmen eines Literaturfestivals trifft, gibt es andernorts auch; daß sie im Programmheft als reguläre, also literarische Veranstaltung beworben wird, ist schon ein bißchen erklärungsbedürftig.
Tresenpalaver als Form der oralen Poesie? Wenn man Mittrinker hat, die Rachengold im freien Versmaß absondern, durchaus. Auch die alkoholbefeuerte Prosa unterscheidet sich von der bei Wasser und Brot verfaßten erheblich, so weiß es das Klischee. Überhaupt, die Schriftsteller und der Suff, gehört das nicht sowieso zusammen, ist Alkohol nicht deren Droge schlechthin, die sie – ergänzt durch faule Äpfel, Hasch, Opium – erst so richtig zum Arbeiten bringt?
Diese Stereotype hält sich nun schon seit Jahrhunderten. Die Wirklichkeit des Schriftstellerberufs schaut freilich anders aus (…)