Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft
Vom Verschwinden der Dinge in der ZukunftBestimmte Artikel 2006-1998
Hoffmann und Campe, 9.4.2007; Klausurtraining: unterwegs sein. Stuttgart: Klett Verlag 2018.
253 S.
€ 25,-
ISBN 978-3-455-40044-1
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E-Book "Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft"
Als E-Book erschienen am 22.7.2013 bei Hoffmann und Campe
Dateigröße: 847 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 252 S.
€ 5,99
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Über das Buch
Matthias Politycki ist als Romancier und Lyriker bekannt; er hat sich aber auch immer den ästhetischen oder politischen Fragen der Zeit gestellt, in Debatten eingegriffen oder sie, dem herrschenden Konsens meist einen Gedankengang voraus, überhaupt erst angestoßen.
»Erzählende Essays« könnte man die Texte dieses Bandes nennen, der Matthias Polityckis wichtigste Publikationen rund um den Jahrtausendwechsel versammelt: seine viel beachteten Streitschriften wie »Relevanter Realismus«, »Der amerikanische Holzweg« oder »Weißer Mann – was nun?«, aber auch stillere Prosastücke, die ihn als notorischen Ausflügler in unsre digitale oder ganz reale Alltagswirklichkeit zeigen.
Politycki hat all diese geharnischten Abrechnungen und temperamentvollen Liebeserklärungen mit Hilfe zahlreicher Randbemerkungen bis an die aktuelle Gegenwart herangeschrieben; vor allem hat er aber auch zu jedem Text – ob übers Ende der Volksparteien oder die nicht enden wollende Welttournee der Rolling Stones – einen neuen eigenständigen Essay geschrieben, der das jeweilige Thema aus heutiger Sicht betrachtet oder es, nicht selten auf sehr persönliche Weise, ergänzt: stilistisch stets auf höchstem Niveau, voller leidenschaftlichem Ernst und luzider Bissigkeit. Und er hat das Ganze mit einer fulminanten Grundsatzerklärung »Alt werden, ohne jung zu bleiben« versehen, die ihn als politischen Autor verortet, aber als einen, der nicht aus einer weltanschaulich fixierten Ecke heraus schreibt, sondern aus postideologischer Lust an nahezu allem, was der Fall ist.
Inhalt
I Alt werden, ohne jung zu bleiben
Eines Tages wurde Meister Me-ti beim Spazierengehen …
Alt werden, ohne jung zu bleiben
II Dick & durstig. Politik, Gesellschaft
Der Deutsche ist schüchtern und schön …
Wir waren Deutschland
Weißer Mann – was nun?
Unser Recht auf Ungläubigkeit
„Jetzt zeigen sie so ’nen Quatsch schon am Nachmittag“
Breitleinwandschlacht der Weltanschauungen
„Jungs, nehmt den Finger aus’m Arsch, es gibt Arbeit“
Rückkehr der Eliten
Dick & durstig oder Wisch & weg?
Weniger Demokratie wagen
Sitzpinkler
Der grüngoldne Schiß
III Betreutes Wohnen. Alltag, Kultur, Alltagskultur
Erotiker bevorzugen bekanntlich das Konvexe …
Sexuelle Belästigung
Betreutes Wohnen auf der Bühne
„Kann seinem Tourplan zufolge nicht vom Tod eingeholt werden“
Letzter Spieltag
Nie wieder Abseitslyrik: Nordkurve
München, heimliche Hauptstadt des Konjunktivs
Da nich für
Inszenierte Wirklichkeiten
Inszenierter Realismus
IV Relevanter Realismus. Europäische Ästhetik
Das Schlimmste an Büchern …
„Ein Buch wird durch Lesen nicht besser“
Relevanter Realismus
„Ohne Titel“
Ein Manifest? Lächerlich! – Kein Manifest? Empörend!
Schrebergartenbesitzer
Scham bei Betrachtung schlecht strippender Dichter
Traurig
Wem die Stunde schlägt
Weltkulturerbe Ironie
Europäische Ästhetik
Der amerikanische Holzweg
V Digitaler Grabstein. Autorschaft online
Rechnen Sie ruhig einmal nach …
Drei Monate später: Der Power-User rechnet nach
Der Autor als Zeugwart
Der Autor als Handbuchleser
Die Homepage als digitaler Grabstein
Das Internet als Kinderzimmer
Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft
Vom Verschwinden der Tastaturkürzel in der Zukunft
Marietta – die Idee, der Datensatz und der Strohhut
Sichtest du noch? Oder löschst du schon?
VI Fata Americana. Fremde Örtlichkeiten
Davor erschien Kopenhagen erstaunlich unversehrt …
Kopenhagen danach
Buena Revista Social Club
Mein kurzes Leben als Konterrevolutionär
Fata Americana
Fata Africana
Shanghai von oben
Ruhrpott II
Das Buch aus Stein
Wie bitte, abhängen?
Anhang
Quellenangaben
Bildrechte
Leseprobe
Alt werden, ohne jung zu bleiben
Seit dem 28.2.1992 führe ich mit meinem Freund Christoph Bartmann das immerwährende „Prager Protokoll“: Begonnen anläßlich eines Besuchs im dort gerade neugegründeten Goethe-Institut und noch ganz im Zeichen privater Irrungen und Wirrungen stehend, widmete es sich im Zuge der Zeit – auch wenn wir uns andernorts trafen, hielten wir am Namen unsrer Gesprächsnotate fest – zunehmend den allgemeinen Weltläuften, festgehalten in holzschnittartigen Kurzzusammenfassungen unsrer Weitschweifigkeiten: Es steht nicht gut um die deutsche Kultur, wenn man vom Ausland auf sie blickt, so eines unsrer von Jahr zu Jahr verzagter intonierten Leitmotive, welch grassierendes Desinteresse an der deutschen Sprache, welch rasanter Verlust an Strahlkraft dessen, was jenseits von Mercedesstern, Adidasstreifen und Niveadose unterm Label „deutsch“ firmiert! Mit den kläglichen Darbietungen der Nationalelf fing es an, mit der Flucht von Spitzensteuerzahlern und -wissenschaftlern ins Ausland, dem konstanten Anwachsen von Staatsschuld, Arbeitslosenzahl und allgemeiner Politikverdrossenheit hörte es noch lang nicht auf.
Soweit das Holzschnittartige. Selbstredend hätten all die angeschnittnen Themen differenzierter angegangen werden müssen; ihre schiere Benennung schien uns jedoch als Hintergrundsrauschen auszureichen, vor dessen anschwellender Intensität das Prager Protokollieren erst so richtig in Fahrt kam: „Es muß sich was ändern, die Frage ist nur: was wo wie wann“ (…)
Pressestimmen
„Wie schon im vorigen Band ‚Die Farbe der Vokale‘ von 1998 präsentiert sich der Autor (…) als politischer wie ästhetischer Freigeist und glänzender Stilist. (…) Hier kann man einem klugen Zeitgenossen beim Nachdenken zuschauen. Und scharfsinniges Nachdenken bedarf der geschliffenen Formulierung. Diese kann der Leser bei diesem großen Prosaisten – der übrigens auch ein unterhaltsam witziger Lyriker in der Nachfolge Robert Gernhardt ist – in nahezu jeder Zeile erfahren.“
(Bernd Blaschke, literaturkritik.de, Oktober 2007)
„Ein Genuß sowohl in satirischer als auch literarischer Hinsicht“
(Harald Peters, Die Welt, 6/9/07)
„mit hoher rhetorisch-stilistischer Präzision […] ganz der europäisch-kantischen Aufklärung verpflichtet […] beeindruckend radikal“
(Sabine Rothemann, Rheinischer Merkur, 23/8/07)
„Fundamental ohne falsche Rücksichten“
(Markus Bundi, Basellandschaftliche Zeitung, 30/7/07)
„gut geschrieben, scharf gemeint und politisch herrlich inkorrekt“
(Neue Zürcher Zeitung, 28/7/07)
„In den ‚bestimmten Artikel‘ steckt Zündstoff, und dem wachen Leser wird mit dem ‚Verschwinden der Dinge in der Zukunft‘ ein Band in die Hand gelegt, der so schnell nicht ausgelesen ist.“
(Markus Bundi, Solothurner Zeitung u. Aargauer Zeitung, 21/7/07; Tagblatt, 29/12/07)
„Wie üblich polarisierend und provokant, individuell und ironisch, klug und kompromißlos, offenbaren die Texte einen hellwachen Verstand sowie viel Lebenserfahrung, ganz nach dem vorangestellten Motto: ‚Alt werden, ohne jung zu bleiben’. Ein Gewinn und Vergnügen für hochklassige gedankliche Auseinandersetzung.“
(Dagmar Härter, ekz-Informationsdienst, 8/07)
„Viele der Kritikpunkte an der westlichen Zivilisation, die Politycki auch aus dieser [während seines Kubaaufenthaltes erfahrenen] existentiellen Verunsicherung heraus radikalisierte, sind nachvollziehbar und bringen oft ein Unbehagen auf den Punkt, das die neoliberale Deregulierung von Lebensstilen, sozialen Systemen und Werthaltungen in breiten Teilen der (intellektuellen) Bevölkerung hinterlassen hat.“
(Evelyne Polt-Heinzl, Die Furche, 19/7/07)
„(…) demonstriert Politycki seine listige Kunst des Diskurses, die nicht zuletzt darin besteht, mit prägnanten Begriffen Gehör zu finden.“
(Beat Mazenauer, Der Bund, 30/6/07)
„Ein schönes und interessantes und lesenswertes und kluges Buch (alles zusammen und alles zugleich) – nicht einfach eine Sammlung von Geschriebenem, sondern eine Sammlung von Glossen und Aufsätzen und Essays, die alle samt und sonders eine ganz ‚bestimmte‘ Weltsicht, eine Perspektive auf die kulturelle Welt zeigen, die nicht selbstverständlich ist. Wenn die deutsche Kritik nicht so schwach auf der Brust wäre, müsste über dieses Buch ein Jubelschrei durchs Land dringen.“
(Wolfgang Frühwald, 19/6/07)
„Das Lesebuch eines Autors mit eigenem Kopf – für Leser mit Spaß an Diskussionen und Argumenten.“
(Literaturkurier, 14/6/07)
„Scharf beobachtet, leicht, ironisch.“
(Karin Großmann, Sächsische Zeitung, 6/6/07)
„Bestechend ist Polityckis Stil. Der bekennende Nietzscheaner schreibt lakonisch mitreißend, ist darauf bedacht, vom ersten Satz an zu fesseln und Interesse zu wecken wie ein guter Journalist. Er polemisiert gekonnt“
(Tobias Schwartz, Märkische Allgemeine, 2/6/07)
„zeigt Matthias Politycki als großen Stilisten auch in nicht-fiktionalen Texten (…) eloquent, stichhaltig (…) Das Lesebuch eines Autors mit eigenem Kopf“
(FAZ.NET, Feuilleton, 14/6/07)
Bilder, wie sie nicht im Buche stehen