Besuch bei einem Herrn v. Korf

„Christian Morgenstern / Schriftsteller“: Kaum habe ich den ersten Blick auf seine Visitenkarte geworfen, erinnere ich mich an einen Eintrag im Münchner Telephonbuch, den ich Mitte der 70er-Jahre entdeckte: „Thomas Palzer, Dichter …“. War Palzer nicht vielmehr Hörfunk- bzw. Fernsehjournalist? fragte ich mich damals, kurz drauf diesen selbst. Die Berufsangabe sei nichts weniger als seine erste Veröffentlichung, klärte mich Palzer auf: Ob er zu diesem Zeitpunkt sonst schon irgendetwas publiziert habe, spiele keine Rolle. Der Telephonbuch-Zusatz „Dichter“ hinter seinem Namen ist übrigens längst verschwunden; kein Wunder, Palzer hat im Lauf der vergangnen dreißig Jahre einiges an Büchern in die Welt gesetzt.
Und Morgenstern? Beschriftete seine Visitenkarten offenbar in einer ähnlichen Lebenssituation, zu einem Zeitpunkt, da er von seiner Berufung zwar überzeugt, jedoch noch gar nicht als Autor an die Öffentlichkeit getreten war – oder gerade mal mit einer allerersten Publikation. Ein Blick in seine Biographie bestätigt die Vermutung, im Frühjahr 1895 (dieses Jahr kann wohl aufgrund der weiteren handschriftlichen Zusätze als „Beschriftungsjahr“ der Visitenkarten unterstellt werden) legte er seinen Erstling vor, „In Phanta’s Schloߓ, de facto schlug er sich, seiner Berufsangabe zum Trotz, mit journalistischen Arbeiten durch.
Dann der Blick auf die Rückseite der Visitenkarte, wo das Pathos der Vorderseite sogleich seine tragische Grundierung erfährt […]