Fata Americana

Fata AmericanaAmerika als Mogelpackung – Gott sei Dank!

erschienen/erscheint bei:

gekürzt u.d.T. „Der verlorene Highway“ in: Süddeutsche Zeitung, 28+29/4/01; enth. in: Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft; gekürzt in: Sprachnachrichten (Verein Deutsche Sprache), Nr. 34/Mai 2007

Entstehungszeitraum: 18/04/2001 - 23/04/2001

Leseprobe

Im Jahr 1988, vor dem über & über mit Stars and Stripes beklebten Schaufenster einer Mercedes-Niederlassung im japanischen Nagoya, hatte ich zum ersten Mal den Verdacht, daß irgendetwas aus den Fugen zu geraten drohte: ##Hinterm## Schaufenster nämlich funkelte ein Mercedes und dazu war in dicken Lettern zu lesen: „The American Dream“. Als ich die Filiale betrat, versuchte ich, einem Verkäufer klarzumachen, daß man da allem Anschein nach etwas durcheinandergebracht hatte. Doch man glaubte mir nicht.
Inzwischen ist das Thema nicht nur in Japan virulent, sondern in der gesamten Welt. Auch bei uns wurde es, zumindest in reziproker Form, aufs unseligste losgetreten, von allen Seiten hört man Bekenntisse für oder gegen Leitkultur, für oder gegen Sprachschmutz, die Positionen sind wie in der Commedia dell’Arte fest vergeben: Skylla – Globalisten, Charibdys – Deutschtümler.
Die Liberalisten, Skylla, schwärmen uns vom unbestreitbaren Nutzen, den das Englische als lingua franca mit sich bringe; die Ultraorthodoxen, Charybdis, versichern uns dagegen, es werde sogar noch weit schlimmer kommen, 100 Millionen Deutschsprechende könnten schließlich nicht irren. Im übrigen haben sie, die Fundamentalisten, zwar die bessern Argumente, schon allein die Statistik wissen sie schlagender zu fälschen, machen jedoch den denkbar unglücklichsten Gebrauch davon. Natürlich werden Konferenzen einberufen, und zwischen den beiden Fronten, hier Leitkultur, dort Multikulti-Tuttifrutti, ist es im Moment wahrlich nicht leicht, ein Deutscher zu sein. Trotzdem fuhr ich hin. Nach Columbia, zur Tagung „German Pop Culture: How ‘American’ is it?“
Schon als ich letztes Jahr zu einer Lesetour in die USA aufbrach, war ich mir sicher gewesen, keine neuen Erfahrungen dort zu machen, alles glaubte ich, aus TV-Serien und Hollywoodfilmen bestens zu kennen. Dann aber war alles ganz anders gekommen (…)