„Jungs, nehmt den Finger ausm Arsch, es gibt Arbeit“
„Jungs, nehmt den Finger ausm Arsch, es gibt Arbeit“
u.d.T.“Jungs , es gibt Arbeit“ in: Der Tagesspiegel, 22/7/04; enth. in: Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft
Neulich, während einer halbverträumten U-Bahnfahrt, fiel mein Blick auf ein Plakat, und wie ich während des kurzen Halts automatisch zu lesen begann, wurde ich Zeile für Zeile wacher: Welch eine lächerliche Werbung, vollkommen unverständlich! Im Anfahren glitt mir der Blick dorthin, wo das beworbene Produkt zu erwarten gewesen wäre und wo statt dessen zu lesen stand: „Poesie in die Stadt“. Ach so. Ja dann. Kurzer Anflug von Ärger, daß hier Lyriksimulation an gutgläubigen U-Bahn-Probanden betrieben wurde wer hatte diesen Käse denn ausgewählt und damit die ganze Aktion verschenkt? -, an der nächsten Station aber schon achselzuckendes Ist-doch-egal. War ja nicht das erste Mal, daß Verschwurbelt-Krautiges als Geniestreich angepriesen wurde; mehr, als dagegen mit den Achseln anzuzucken, lohnte nicht.
Wirklich nicht? In jenen Sekunden aufblitzender Empörung samt sofort sich anschließender Resignation war mein Lebensgefühl der letzten Jahre in nuce enthalten: Zähneknirschend hatte ich mich daran gewöhnt, daß es nicht nur in der Lyrik, nicht nur in der Literatur insgesamt und den Künsten, sondern auch im Fußball, in den Medien, der Wirtschaft, und last not least natürlich der Politik mit Volldampf Richtung Mittelmaß ging, angeführt von einem Kanzlerdarsteller mit geschröderten Haaren und einer Opposition, die bislang bloß bei der Sixt-Werbung die bessere Frisur zeigte abhaken, weiter, eine andre Wahl hatte man ohnehin nicht.
Wirklich nicht? (
)