Aufbruch ins Offene
Aufbruch ins OffeneMartin Hoffmeister im Gespräch mit dem Schriftsteller Matthias Politycki
Stiftung Frauenkirche Dresden (Hg.): Leben in der Frauenkirche. Frauenkirchenmagazin. Ausgabe Mai-August 2024.
Textauszug
Iken: Herr Politycki, Sie sehen hierzulande die Freiheit der Phantasie, die Freiheit des Gedankens und der Sprache zunehmend bedroht – und sind deshalb 2021 nach Wien gezogen. Ist in Österreich wirklich alles besser?
Politycki: Es ist dort so wie in Deutschland vor 20 Jahren, alles funktioniert noch. Natürlich sind die Themen die gleichen, sie werden aber mithilfe zahlreicher Konjunktive abgemildert, und in elegant verschachtelten Nebensätzen baut man dem Gegenüber Brücken. Wir Deutschen neigen dazu, Überzeugungen mit Leidenschaft hochzukochen und bei jeder Gelegenheit „klare Kante“ zu zeigen. In Österreich wurschtelt man lieber gemeinsam weiter, für einen guten Schmäh springt man auch mal über einen ideologischen Graben.
Iken: Die Debatte ist relativ frisch, aber sehr dynamisch. 2014 machte sich noch ein Autor bei „Spiegel Online“ darüber lustig, dass jetzt einige mit Unterstrich und Sternchen sprechen. Als die Stadt Hannover 2019 das Gendern vorgab, schrieben viele Zeitungen darüber Glossen. Jetzt ist die Situation eine andere. Wie haben Sie das geschafft, Frau Jasberg?
Jasberg: Interessant, dass Sie den „Spiegel“ erwähnen. […]