„Der erste Marathon ist wie der erste Kuß“

„Der erste Marathon ist wie der erste Kuß“Interview: Patrick Kiefer

erschienen/erscheint bei:

DIE WELT, 28/4/18, https://www.welt.de

Entstehungszeitraum: 26/04/2018

Interview

Die große weite Welt scheint Sie magisch anzuziehen. Wieso reisen Sie so viel?

Schon als kleiner Knirps war ich viel mit meinen Eltern unterwegs. Schon Tage, bevor es im VW Käfer nach Italien ging, herrschte bei uns großer Trubel, der Urlaub war ganz offensichtlich der Höhepunkt jeden Jahres. Damals, Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre, war uns ja selbst Italien aufregend fremd. Ich erinnere mich, wie meine Eltern in einem Lokal empört behaupteten, der Käse sei ranzig. Dabei war es Parmesan, den wir nicht kannten und der eben etwas intensiver schmeckte als der geriebene Allgäu-Käse aus der Tüte. Damals begann die Fremde schon beim Parmesan; mittlerweile sind bei uns selbst die exotischsten Gerichte aus China oder Japan selbstverständlich. Was im heimischen Alltag unzweifelhaft ein Gewinn ist, ist auf Reisen ein Verlust, ein Verlust an tatsächlich Fremdem in der Fremde.

Wieviel Zeit des Jahres verbringen Sie auf Reisen?

177 Tage im Schnitt. Eigentlich hasse ich bereits das Zählen von bereisten Ländern. Doch für dieses Buch mußte ich mich auch endlich mal der Statistik stellen, und weil ich über all meine Reisen seit über 40 Jahren (Notiz-)Buch geführt habe, konnte ich es auch. Dazu gehören neben den großen Reisen auch kleinere, etwa die Lesereisen – Reisen beginnt nicht erst dort, wo Palmen stehen.

[…]