Die Welt von hinten
Die Welt von hintenInterview: Tina Schraml
Bücher-Magazin, August/September 2017.
Matthias, Du bist schon rund um den Globus Marathon gelaufen. Wo sortierst Du das Lauferlebnis in Frankfurt ein?
Ein Massenrennen wie beispielsweise in New York unterscheidet sich fundamental von einem Kleinstadtmarathon, sagen wir in Reykjavik. Wenn dort die Halbmarathonläufer auf die Zielgerade abgebogen sind, ist man mit drei, vier Mit-Läufern der eigenen Tempoklasse plötzlich allein unterwegs. Ab und zu hält ein Ordner beiläufig ein Auto auf, ansonsten läuft das normale Stadtleben weiter, niemand interessiert sich für die Marathonläufer. Frankfurt liegt zwischen diesen beiden Extremen – es hat das Pulsierende eines Großmarathons, gerade am Start und im Ziel. Auf der Mainzer Landstraße kann man aber auch die Ödnis und Verlorenheit eines Provinzrennens spüren. Und genau dort bin ich dann auch – das erste Mal in meinem Leben – dem Mann mit dem Hammer begegnet. Er schlug mir nicht auf die Beine, sondern aufs Gemüt: Von einem Schritt zum nächsten war ich mental erschöpft, erledigt.
Wie darf ich mir das vorstellen, als totalen Blackout?
Eher als hellwache Erkenntnis, in eine völlige Sinnlosigkeit hineingerannt zu sein. Die Freude am Laufen war weg; meine Ambitionen, hier eine neue PB zu laufen, erschienen mir mit einem Mal lächerlich. Ich wollte einfach nur noch weg sein. Tatsächlich habe ich das erstbeste Dixi-Klo bei Kilometer 31 dazu benützt, mich für vielleicht zwei Minuten einzuschließen. Ich brauchte eine seelische Auszeit – daran werde ich mich vermutlich noch auf meinem Sterbebett erinnern.
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