Hornbrillenwürschtl am Kilimandscharo

Hornbrillenwürschtl am KilimandscharoInterview: Andreas Trojan

Entstehungszeitraum: 06/04/2020 - 10/04/2020

Interview

Das Szenario Ihres neuen Romans ist überwältigend: Der Kilimandscharo – mit seinem 5895 Meter-Gipfel ist er der höchste Berg Afrikas. Dort hat es Hans aus Hamburg hin verschlagen. Der Ich-Erzähler will den Berg meistern. Es herrscht reger Bergsteigertourismus und Hans hat hier eine Begegnung mit einem ihm fremden Menschenschlag: Gemeint ist „der Tscharli“, ein Ur-Bayer aus Miesbach. Wie kamen Sie auf dieses eigenwillige Setting?

Naja, ich bin in München aufgewachsen, und da gab es jede Menge Tscharlis, sie erschienen mir immer viel interessanter als meine Eltern. In Norddeutschland wird dieser Typus notorisch unterschätzt, man versteht seinen Humor nicht und die tiefe Weisheit, die sich darin verbirgt. Andrerseits lebe ich seit 25 Jahren auch in Hamburg, man feiert sich dort gern als weltläufig und eckt doch außerhalb der Stadtgrenzen überall mit seinem Tonfall an, ohne es zu merken – das ist schon auch speziell. Also meine beiden Hauptfiguren kenne ich halt aufgrund meiner Lebensumstände ganz gut.

Am Anfang sind sich die beiden gar nicht grün. Tscharli nennt den feinen Herrn aus Hamburg „a Hornbrillenwürschtl“. Und Hans hält sein bayerisches Gegenüber für ein trampelig-bayerisches Urviech. Und doch durchleben beide gemeinsam den Roman – „Das kann uns keiner nehmen“ lautet ja der Titel. Was bringt, was hält die beiden zusammen?

Zunächst mal nur der Krater des Kilimandscharo, der nächtliche Schneesturm, die schiere Naturgewalt – das schafft auch wider Willen Empathie, selbst wenn der eine den anderen zuvor als unerträglichen „Rechten“ abgehakt hatte und der andere den einen als ebenso unerträglichen „Gutmenschen“. Wie sich im Verlauf der weiteren Reise immer mehr herausstellt, daß dieser erste Eindruck falsch war, ist ja eines der Themen des Romans – wie schaffen wir es, über weltanschauliche Vorurteile und Gräben hinweg wieder miteinander ins Gespräch zu kommen? Hans und der Tscharli tun es, und schon erleben sie gemeinsam Sachen, die sie alleine nie erlebt hätten. Das hält sie dann sogar über den Tod hinaus zusammen.

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