Spitzentitel – so wird ein Buch zur Nummer 1 in seinem Verlag
Spitzentitel – so wird ein Buch zur Nummer 1 in seinem VerlagGespräch mit Daniel Killy (Redaktionsnetzwerk Deutschland) und Tim Jung (Verleger Hoffmann und Campe)
Redaktionsnetzwerk Deutschland, 12/3/20; Zum vollständigen Gespräch
Matthias Politycki ist als einer der exponiertesten deutschen Literaten schon lange Spitze in der anspruchsvollen Belletristik. Doch erstmals ist eines seiner Bücher, der gerade erschienene Roman „Das kann uns keiner nehmen“, auch Spitzentitel seines Verlages Hoffmann und Campe. Eine Premiere für den Autor und seinen Verleger Tim Jung, der erst kürzlich die Geschäftsführung des traditionsreichen Hamburger Hauses übernommen hat.
Wie fühlt sich das an, den ersten Spitzentitel in der Hand zu halten?
TJ: Ich empfinde es als sehr beglückend, in diesem Frühjahr bei Hoffmann und Campe Matthias Politycki mit einem so rasanten Buch verlegen zu dürfen. In „Das kann uns keiner nehmen“ wird gereist, geliebt, gefeiert und gestorben, was das Zeug hält. Darüber hinaus gibt es eine hochinteressante gesellschaftliche Komponente: Es ist auch ein Deutschlandroman, der in Afrika spielt.
MP: Für mich persönlich war, salopp formuliert, auch schon jedes frühere Buch ein Spitzentitel, weil ich während des Schreibens vollkommen davon erfüllt war, überzeugt war, besessen davon war. Dieses Hochgefühl jetzt aber auch mit allen bei Hoffmann und Campe zu teilen – und übrigens schon bevor der Text überhaupt erst mal zu Ende korrigiert war –, das ist sehr neu für mich, und natürlich genieße ich es. Es hat mein Leben ganz schön verändert, vor allem beschleunigt, hat mir die letzten Energiereserven abgefordert. Und mich gleichzeitig beflügelt.
Aber da verbirgt sich ja auch ein neuer Druck dahinter – ein Spitzentitel sollte ja schon flutschen …
MP: Ich schreibe nicht aus Kalkül oder weil ich Verlagsverträge erfüllen muß, sondern weil es mir auf den Nägeln brennt oder, sagen wir’s ruhig mal kitschig, im Herzen. Insofern unterscheidet sich „Das kann uns keiner nehmen“ erst mal nicht von meinen bisherigen Büchern. Aber klar, die Verantwortung ist bei diesem Buch größer geworden, sie reicht übers Erstellen eines Textes weit hinaus. Das war schon im Vorfeld zu spüren: Meine Homepage mußte umgebaut werden, meine Facebookseite bekam professionellen Beistand, ein Video zum Buch wurde gedreht … Ganz abgesehen von den klassischen Presse-Essen oder Interviews. Doch auch alle im Verlag haben sich mit unglaublicher Intensität auf das gestürzt, was in kürzester Zeit zu tun war, nachdem die Entscheidung gefallen war. Und nun? Sind die Reaktionen auf das Buch nicht weniger emotional – deswegen schreibt man doch!
Ist beim Verleger auch die Emotion die treibende Kraft, die ein Buch zum Spitzentitel macht – oder nicht vielmehr die Abwägung, wie wird ein Buch zum Spitzentitel?
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