Jeden Tag ein neuer Mann
Jeden Tag ein neuer MannGespräch mit Michael Köckritz
rampstyle 36 – Herbst 2025
Entstehungszeitraum: 15/08/2025 – 05/09/2025
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Ihr neues Buch heißt »Mann gegen Mann«. Warum dieser Titel?
Er sagt dem Leser gleich, wo es hingeht: in eine Männerwelt, die uns im Lauf der vergangenen Jahrzehnte in den westlichen Metropolen und dort vor allem in Kreisen des kulturellen Establishments eher fremd geworden ist. Dabei gab es sie natürlich auch während dieser Jahrzehnte und wird sie immer geben.
Er macht in jedem Fall neugierig. Man überlegt sich was dabei. Auch beim Untertitel: »Von alten und neuen Tugenden«. Was verstehen Sie denn darunter?
Als Schriftsteller kann ich nur über das reden, was ich im Laufe meines Lebens in den verschiedenen Etagen unserer und außerhalb unserer Gesellschaft erlebt habe. Überall herrschen vollkommen unterschiedliche Männerbilder. Es gibt alte Männertugenden, die bei uns heute als Untugenden verpönt sind. Und neue Tugenden, die bis vor kurzem als Leitmotive in den kulturellen Debatten benannt wurden, allerdings in vielen Milieus auf Widerspruch stoßen. Ich will das nicht gegeneinander ausspielen, ich bin einfach neugierig, was davon in der Praxis funktioniert und wie es funktioniert. Alte, klassische Tugenden reichen von Mut und Abenteuerlust bis zur Bereitschaft, für den Schutz der eigenen Familie das Leben zu riskieren. Neue Tugenden umfassen etwa Empathie und die selbstverständliche Bereitschaft, Frauen als gleichberechtigte Partner zu verstehen. Ein Übermaß an Tugend kippt freilich schnell in die entsprechende Untugend um; auch Werte scheinen relativ zu sein. „Mann gegen Mann“ guckt sich das aus dem Blickwinkel verschiedener Kulturen und Epochen an, und immer geht es dabei um die Frage, was das am Ende sein könnte oder sollte: Männlichkeit.
Es war ja früher einfacher als heute, seine männliche Rolle zu finden. Während sich Frauen in den vergangenen Jahrzehnten bewußt geworden sind, sich emanzipieren zu müssen, waren wir Männer noch relativ verschlafen und unbewußt unterwegs. Kann man das so formulieren?
Nunja, ich gehöre zu einer der ersten Generationen, die mit diesem emanzipierten Frauen- und Menschenbild erzogen wurden, es verinnerlicht haben. Aber ja: Die Debatten haben sich sehr auf Frauen fokussiert, und wir Männer haben sie selten zum Anlaß genommen, um auch mal systematisch über uns selbst nachzudenken. Seit ein, zwei Jahrzehnten sind wir in einen permanenten Abwärtstrend hineindiskutiert worden, wenn man überhaupt noch über Männer sprach, dann über „abgehängte Männer“, „toxische Männlichkeit“ usw., so daß man gar keine Lust hatte, daran teilzunehmen. Das waren vor allem Zerrbilder, die da verhandelt wurden. Es tut uns ganz gut, jetzt neu darüber nachzudenken.
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