Von Störchen und von Störchinnen
Von Störchen und von StörchinnenInterview: Ulrike Moser
Cicero No.3, März 2022.
Herr Politycki, vor einem Jahr haben Sie beschlossen, nach Wien zu ziehen, aus Überdruß an deutscher Cancel-Culture, Wokeness- und Gender-Debatte. Was hat Ihnen so zugesetzt?
In den Jahren vor Corona war ich viel auf Reisen. Gerade in diesem Wechselspiel von fremden Kulturen und dem Wieder-Heimkehren ins Eigene wußte ich immer, was ich an Deutschland habe. Während des Lockdowns habe ich zum ersten Mal nonstop unsere Debatten verfolgt, die Verhärtung der Positionen, die zunehmende Kleinteiligkeit der Befindlichkeiten. Bald habe ich auch an mir selbst bemerkt, wie ich zunehmend unleidiger und dogmatischer wurde – so mochte ich mich überhaupt nicht. Die spürbare Verengung der Denkräume hat auch mir alle Leichtigkeit und Souveränität genommen. Schließlich sogar die Lust am Schreiben. Da merkte ich es endlich, ich mußte raus. Auch wenn die Grenze zwischen Österreich und Deutschland nur schwach ausgeprägt ist, sie macht es mir leichter, wieder neu und vor allem mit Freude an unseren Debatten teilzunehmen.
Gab es diesen einen Moment, diesen berühmten Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat?
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