17.04.2007

Ein erster Blick: auf die frische Wäsche, die gestern abend von der Wäscherei zurückkam

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 23,5° C, WNW 4-5, 73%, heiter


„Über den Jordan gehen“, so hatte man den Aufmacher des gestrigen Tagesprogramms betitelt – an Seetagen gibt es dort ja nichts über einen Zielhafen zu berichten –, und als wir uns um 12 Uhr zum Qat-Mümmeln auf dem Lido-Deck trafen, schüttelten wir noch kurz und herzlich die Köpfe darüber. Wenige Minuten später jedoch, 12:10, der Notruf „Mike Mike“ – unser Bordarzt, eben plätschert er noch gelangweilt im Pool, jetzt springt er aus dem Wasser und, triefend, ins Treppenhaus und … „Hoch zum Penthousedeck?“ blicken wir uns an, „da wohnt doch Herr –?“ Richtig, da wohnt er, gestern hat er sich noch mit uns durch den Jemen geschleppt, zitternd, bleich, unermüdlich. Ein akuter Notfall, wie wir vom Käptn in der Nachmittagsdurchsage erfahren, 16:15, wir müssen den nächsten Hafen anlaufen: Jeddah. „Aber er hat auch viel zu wenig getrunken“, zuzelt Frau Wallosek an den Blättern in ihrer Backe, „ist doch klar, daß der Körper irgendwann …“. Der Rest des Tages ein Wettlauf mit der Zeit, der Chief fährt mit vier Maschinen, doch Dünung und Wind stehen frontal gegen uns, wir machen nur 17 Knoten Fahrt. 21:30, die Lichter Jeddahs am Horizont, wir hängen über der Reling, während am Lido-Pool „Kleopatra“ als Open-Air-Kino läuft, „The Show Must Go On“ (Fasthuber). 21:45, unsre Hütte direkt vor der Hafeneinfahrt, steuerbord alle Balkons besetzt, der Rest auf 8er- und 9er-Deck. Endlich der angekündigte Schlepper, 22:15, geht seitwärts bei, drei, vier Männer durch die Ladeluke an Bord und … 22:40, endlich, man reicht eine Reisetasche aus der Luke, einen Koffer, dann die Trage, fest vergurtet darauf der Patient. 22:45, die Männer im Schlepper heben die Hände zum Gruß, der Käptn erleichtert in einer letzten Durchsage: Unser Patient sei nun „abgegeben, wir drücken die Daumen, daß das gut geht, inschallah“. Er wird doch wohl nicht? Nein, das wird er nicht! beschließen wir: Der Jordan ist weit weg, mindestens noch eineinhalb Tagesreisen entfernt.

16.04.2007

Ein erster Blick: Nicht nur Türkises und Rosarotes sehen wir in der Erinnerung noch deutlich vor uns.

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 26° C, NW 3-4, 73%, leicht bewölkt


Wieder zu Hause. Ja, das hätte durchaus länger dauern können im Jemen, unser Käptn erleichtert, als wir pünktlich um 18 Uhr an der Gangway eintrafen: Freibier, Würstchen, fröhliche Blasmusik von den „Evergreen Juniors“. Nicht ganz so fröhlich Immobilienjongleur P., der gehofft hatte, einen verlängerten Abenteuerurlaub in einem unzugänglichen Bergdorf zu verbringen („Wer hätte denn für ##den## Lösegeld bezahlt?“, Herr Riebenstein). Wir andern mit dem Gefühl zurück, nicht nur zwei Tage, sondern zwei Wochen unterwegs gewesen zu sein; immerhin haben wir ausreichend Qat an Bord geschmuggelt, um bis Genua, „Mahlzeit!“, in Schwung zu bleiben. Noch am gestrigen Abend versammelten wir uns im Europa-Restaurant, und tatsächlich: Wie ausgemacht, hatten sich die Herren ihre Krummdolche in die goldnen Prunkgürtel gesteckt, die Damen ihre schwarzen Komplettschleier übergeworfen – darunter trugen sie all das Neckische in Türkis und Rosa oder mit goldnen Litzen und durchsichtiger Gaze, das wir in den Souks von Sana’a entdeckt hatten: Wir konnten es zwar nicht sehen, sahen es dafür umso deutlicher in der Erinnerung. Im Verlauf des weiteren Abends, als sich alles zunehmend vermischte und zu einer spontanen Themennacht „Arabisches Mittelalter“ entwickelte, erkannte man seine Gesprächspartnerin allenfalls an den Schuhen und der Handtasche – wenn überhaupt! Herr Laufkötter tat hartnäckig so, als verwechsle er die Kipp-Oehljeklaus mit seiner Ehefrau, sprach sie dreist mit „Mäuschen, nun hab dich doch nicht so“ an, um ihr gelegentlich nach allen Siebensachen zu tappen. Als sich die Kipp-Oehljeklaus nicht mehr anders zu helfen wußte, riß sie sich den Schleier vom Gesicht – und war Frau Igelbrink. So endete unsre letzte Schulungsreise für Langzeitreisende „Wir üben Landgang“.

15.04.2007 Hodeidah / Jemen

Ein erster Blick: auf die „Perle Arabiens“

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 16° C, leichte Brise, bedeckt


Aufgeregtes Geschnatter während unsres Zweitagesausflugs in den Jemen! Frau Wallosek befürchtet, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zwischen die Stammesfronten zu geraten und gekidnappt zu werden; sie hat eine extra Tasche mit Kopftüchern mitgenommen, „falls die Reise länger dauern sollte“. Daß sich hier, anders als im Iran, nur muslimische Frauen verschleiern müssen, will sie nicht glauben. Kaum in Sana’a gelandet, geht es erst mal in ein Bergdorf, ein Verkehrsschild am Ortseingang zeigt eine rot durchgestrichne Kalaschnikow: Herumballern verboten. Frau Wack beschwert sich über den Plastikmüll, dann darüber, daß bei den steilen Paßstraßen keine deutsche Leitplankenkultur herrsche, schließlich über die Bockshornkleesuppe, die man uns in einem Landgasthof serviert. Kollektives Ekeln, Verweigern der Essensaufnahme. Dann aber die überraschende Wende! Als unser Busfahrer einen Qat-Beutel hervorkramt und Blatt für Blatt seine Mittagsration mümmelt, bis ihm die Backe prallvoll angeschwollen ist, zum Wiederkäuen bereit, läßt sich Herr Wöstenkühler von einer der zahlreich herumlungerenden Ich-AGs auch einen Beutel besorgen. Bald haben wir alle auf Qat umgerüstet, jeder im fröhlichen Gespräch mit jedem, die Hungergefühle im Nu verflogen. Daß uns dann der Busfahrer, in der Rechten den Krummdolch, in der Linken das Handy, freihändig die Serpentinen hinunterfährt, bringt ihm reichlich Lob ein – es hätte nicht viel gefehlt und Herr Drescher wäre uns an seinem MS-EUROPA-Schirm ins Tal vorausgesegelt. Selbst nach Stunden hält der Höhenflug an; ausgerechnet zur Abendbrotzeit, als im Hotel plötzlich der deutsche Botschafter ans Mikrophon tritt, kommt der Hunger schlagartig zurück: Während der Botschafter über Wassermangel und Analphabetismus referiert, setzt ein Besteckgeklapper ein, es könnte taktloser nicht sein.

14.04.2007 Aden / Jemen

Ein erster Blick: auf den Sonnenaufgang überm Jabal Shamsan, Aden

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 27° C, NO 2-3, 85%, bewölkt


Während des letzten Reiseabschnitts, 18 Tage lang morgens um halb acht, hat Herr Fürstenberg (der sich bislang nur durch ausgiebige Wanderungen an Land hervorgetan hatte) den Hatha-, Kriya-Joga- und Tai-Chi-Chuan-Fitnesskurs unsres Bordjogis besucht. Wie er uns gestern erzählte, war er dabei stets vorwiegend mit Atmen beschäftigt: als einziger Mann unter Frauen, seiner Meinung nach eine Art „Sitting-Bull-Joga“. Anfangs habe jeder austesten müssen, auf welchem Nasenloch er stärker atme – oh ja, es gebe Linksatmer und Rechtsatmer, als Hilfestellung habe er sich die Frage „Wo spüren Sie mehr Wind?“ stellen und dabei abwechselnd eines der beiden Nasenlöcher zuhalten dürfen. Da er partout nichts gespürt, habe er in seiner Not schließlich „Rechts, ich atme rechts“ zu Protokoll gegeben, wobei er vom Jogi sogleich gelobt wurde: „Rechts, aha, sehr gut.“ Dann sei’s mit dem Atmen freilich erst so richtig losgegangen, jeder habe in drei Etappen ein- und dann auch wieder ausatmen müssen, „das reinste Elefantenkonzert“,heimlich habe er die Augen aufgemacht, um sich des Anblicks seiner Mitatmer zu versichern, sei aber sofort verwarnt worden. So hätten sie sich von Jakarta etappenweise nach Muskat geatmet; manchmal sei er dabei eingeschlafen, und wenn er dann durch sanftes Handauflegen geweckt worden, habe ihn der Jogi dafür auch noch gelobt: „Sehen Sie? Der Beweis, daß es wirkt.“ Herr Fürstenberg, anschließend sei er immer direkt zum Gourmetfrühstück im Europa-Restaurant gegangen, um sich zu belohnen, man kenne ihn dort, serviere ihm unaufgefordert ein extra dickes Stück Stopfleber. Nach vier Gläsern Champagner habe er seinen Frieden mit der Welt wieder gefunden; am Fortgeschrittnenkurs, „Die tausend Blüten des Kama-Sutra“, der ab Muskat auf dem FKK-Deck angeboten wird, nimmt er trotzdem wieder teil.

13.04.2007

Ein erster Blick: Eine Fata Morgana? Oder Folge des Sonnenstichs?

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 27,5° C, SW 1, 78%, leicht bewölkt


Aus der Serie absurde Landgänge: Jeep-Safari zum „Atlantis des Sandes“, ganztägige „Aktivtour“, „für Gäste mit Rückenproblemen nicht geeignet“, 119 Euro. Soweit die Hapag-Lloyd-Broschüre zum gestrigen Ausflug in die Wüste, unsre Tischrunde fast komplett dabei. 9:15 Uhr: Eine Toyota-Karawane weißer „Land Cruiser“ setzt sich in Bewegung, perfekt asphaltierte Straßen, immer mal wieder sogar ein Kreisverkehr. Nach drei Stunden Fahrt „Atlantis“, die untergegangne Stadt Ubar, letztlich nichts als ein seit Jahrtausenden verjährter Kalkhöhleneinbruch, vor kurzem mit Zement verputzt und als kleine archäologische Sensation zur Besichtigung freigegeben. Ruinen? Fehlanzeige. Und das bei schlappen 50° C. Graf Harro rümpft die Nase und filmt die Kamel-Waschanlage nebenan: „Hier sehen wir einen früheren Karawanenstützpunkt, von dem nur noch die Tiere übriggeblieben sind …“ Die Sanddünen, die anschließend besichtigt werden, sind zwar so hoch wie erhofft; davon allerdings, daß wir sie „während einer rasanten Fahrt mit dem Geländewagen überqueren“, wie angekündigt, kann keine Rede sein. Zum Glück findet Herr Drescher ein Kamelgerippe; angeregte Debatte, ob die Kamelkötel daneben vom verendeten Tier stammen. Abschließend kratzen wir an einem Weihrauchbaum herum – „Here oldest Weihrauch in the wadi“ (unser Fahrer), „Amtlich geschütztes UNESCO-Weltbaumerbe“ (Frau Stäblein) –, um am austretenden Harz zu schnüffeln. Der Versuch unsres Lektors, den Baum abzufackeln, um der Tour noch mit Gewalt einen Höhepunkt zu verpassen, schlägt fehl. 17:30 Uhr: Alle mehr oder weniger kopfschüttelnd zurück an Bord; Konsul Walder, ein Blick zurück ohne Zorn: „Die müssen hier ’nen ausgebufften Touristikmanager haben.“ Der Käptn wenig später in seiner Durchsage vor dem Ablegen: „Das Schönste für Araber, die hier Urlaub machen: ein Picknick im Regen.“ Wir stellen uns das einfach mal vor.

12.04.2007 Salalah / Oman

Ein erster Blick: auf den Weihrauch-Hafen des Oman

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 26,5° C, NW 3, 83%, leicht bewölkt


Die Idee der Kreuzfahrt: permanente Bewegung. Das Problem, vom Käptn höchstselbst auf den Punkt gebracht: all die Ziele, die im Weg liegen. Nur Kurzfahrer hasten von einem Landgang zum nächsten; wir hingegen, die wir – wider Willen! – seit unsrer Abfahrt aus Bombay ins Stadium einer langsamen Heimkehr geraten sind, wir widmen uns stattdessen vorzugsweise dem, was als immerwährender Bordtratsch vom Bug zum Heck und, quer durch alle Decks, zurück vom Heck zum Bug transportiert, gefiltert, angereichert, verbessert, ins Anekdotische geläutert und zum Sagenschatz der Kreuzfahrerei schlechthin ausgebaut wird. Derzeit aktuell: Wostock soll während der Musikbeschallung von Schiffsschreiber und Schrotthändler mit seinem Didgeridoo die Nachtschichten bestritten – und entscheidend dazu beigetragen haben, daß sich die beiden schließlich widerstandslos in ein Boot tragen ließen. Zur Belohnung darf er fortan, dessen anhaltendes Gewummer von den meisten Mitreisenden bislang als Lärmbelästigung empfunden worden, täglich um 18:30 im Atrium spielen. Der amtierende Bordpianist, bislang zuständig für die Vorabendunterhaltung, ist ebenfalls Russe; daß er angeboten haben soll, Wostocks Darbietungen mit Gläserwürfen zu untermalen, glaubt nicht einmal P. – Und das Allerneueste: Unser Hot Man soll für seine beherzte Lösung des Schiffsschreiberproblems einen weiteren Streifen von Hapag-Lloyd Hamburg zugesichert bekommen haben; wenn das Gerücht stimmt, so hieße das, daß er mit viereinhalb Streifen – „Ein halber Streifen mehr als der Käptn?“ bricht Professor Billhardt unsre Spekulationen ab: „Das wäre das Ende der christlichen Seefahrt.“ Nichtsdestoweniger hört man vom Entertainment Manager, auch er wolle endlich ein paar Streifen am Ärmel, und zwar bunte.

11.04.2007

Ein erster Blick: aufs Arabische Meer

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 25,5° C, WNW 3, 93%, bewölkt


Und schon hat uns der Schiffsalltag wieder. Herr Drescher: Was eigentlich die Schokoladenhasen neulich auf den Kabinen zu bedeuten gehabt hätten? Wir alle wissen längst nicht mehr, welchen Wochentag wir gerade haben, wo wir vor einer Woche waren oder übermorgen sein werden – unsre Hütte verschlingt die Zeit im Gleichlauf ihres eignen Rhythmus. Den allerdings haben wir zutiefst verinnerlicht, wir wissen, an welchen Tagen wir mit einem Gourmetfrühstück zu rechnen haben, wann die Nachmittagsdurchsage von der Brücke kommt, wann welche Bar öffnet oder schließt. Die Nachrichten aus aller Welt, die wir übers Bordfernsehen gerade noch zur Kenntnis nehmen – bloße Randparameter der täglich wechselnden Speisekarten. Die heutige Schlagzeile der Bordzeitung allerdings, „Iran fordert die Weltgemeinschaft heraus“, lesen wir mit roten Ohren, und dann im Kleingedruckten, was wir ohnehin schon ahnten: „Ungeachtet internationaler Kritik hat Iran am Dienstag …“, Oh ja, die beiden Deutschen, die man in einem Schlauchboot nahe der iranischen Hafenstadt Bandar Abbas aufgegriffen und sofort im Landesinneren zum Verschwinden gebracht hat, wir kennen sie. Staunend lesen wir, die deutsche Regierung habe Hapag-Lloyd zugesichert, keinerlei Auslieferungsverhandlungen zu führen. Das sieht nach einer feinen und sehr endgültigen Lösung aus; ##deshalb## also war Big Boss aus Hamburg angereist! Und gestern, in Muskat, auch kurz an Bord gewesen, bestens gelaunt. Weil wir die Zeitung aber so gründlich studiert haben, wissen wir’s ausnahmsweise ganz genau: Heute ist Mittwoch, der 11. April 2007. Und die iranischen Hoheitsgewässer? Liegen seit zwei oder – meingott, so penibel erinnern wir uns nun auch wieder nicht! – vielleicht auch schon seit drei Tagen hinter uns.

10.04.2007 Muscat / Oman

Ein erster Blick: von der Hafenbucht in Richtung „Masqat“ (nächste Bucht)

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 27° C, O 2-3, 83%, diesig/leicht bewölkt


Hört man wirklich keine Musik mehr, gar keine? Mittlerweile haben wir endlich in Erfahrung gebracht, daß man den Schiffsschreiber, zusammen mit seinem unbotmäßigen Freund, dem Schrotthändler Opitz, ausgesetzt hat – in iranischem Hoheitsgewässer! Unsre Filipinos hätten die beiden wegtragen und in eins der Schlauchboote gesetzt, dann mit dem Auslegerkran zu Wasser gelassen. Herr Opitz soll die ganze Zeit über seine „Ode an den Hot Man“ rezitiert haben, auch noch im Schlauchboot, unser erboster Lektor zitiert aus dem Gedächtnis: „(…) wenn der BMW-Händler / Tag der offenen Tür hat. / Dort schaut er sich Autos an, für die er / kein Geld hat, steht mit anderen am Bierstand, schwenkt das Glas / und (…)“ An dieser Stelle, so berichtet uns Knut Edler von Hofmann erleichtert, habe unser nautischer Offizier endlich das Schiffshorn betätigt und den Schrotthändler übertönt. Woraufhin der Chief mit vier Maschinen Volldampf gegeben habe, „nach uns die Iraner!“ Nur Bordbojenmaler Nawrath soll heimlich eine kleine Trauerboje ausgesetzt haben, vom Meister selbst und den Teilnehmerinnen seines Kurses gestaltet: „Die Vermählung von Bojen- und Reliefkunst“, wie er uns erklärte, „die Verbindung von See- und Ehrenzeichen als Apotheose der christlichen Seefahrt schlechthin“: Sämtliche Ehrennadeln, die dem Schiffsschreiber im Verlauf seiner letzten Tage an Bord gespendet worden, habe man mithilfe einer plastillinartigen Geheimmasse über den Korpus der Boje verteilt. Im Suchscheinwerfer habe sie wie eine schwimmende Schatzkiste ausgesehen, „ein Sinnbild lebendigen Freigeistertums auf hoher See“. Wohingegen vom Schlauchboot der beiden Delinquenten bald nichts mehr zu sehen und vor allem zu hören gewesen. „Recht so!“ (Frau Wallosek) „Supi!“ (Sarah)

09.04.2007 Fujairah / Ver. Arab. Emirate

Ein erster Blick: Liegeplatz „Berth Nr. 1“, Fujairah/Vereinigte Arabische Emirate

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 25° C, ONO 2, 95%, diesig


Gestern dritter und letzter Tag Iran, am Abend Flug nach Bandar Abbas und heim in unsre Hütte – alle waren wir ziemlich gespannt, wie sich der Sitzstreik des Schiffsschreibers inzwischen wohl entwickelt hatte. Daß sich Sarah zwei Tage lang geweigert hatte, beim Moscheebesuch einen Leih-Tschador zu tragen („Kein Bock auf so’n fundamentalistischen Karneval, ey“), dagegen nur von mäßigem Gesprächsinteresse. Kaum zurück an Bord, sogleich die HLK-Goldnadeln angesteckt und – der Platz gegenüber der Waffelbar ist leer! Gespenstische Ruhe auf dem gesamten Lido-Deck; wenn man nicht ahnte, daß irgendetwas vorgefallen sein muß, man würde die Stille genießen wie einer, der viel Geld dafür ausgegeben hat. Was ist passiert? Wir telephonieren herum, doch alles, was wir bis zur Abschiedsgala in Erfahrung bringen können (Unglaublich! Morgen wird bereits unser 11. Reiseabschnitt zu Ende gehen!), fällt nur unter „üblicher Bordtratsch“: Roberto Blanco soll seinerzeit die „Sprudelnde Badetablette für mehr Energie und Vitalität“, die man uns anstelle der kleinen Schokoladen mitunter aufs Kopfkissen legt, als Betthupferl mißverstanden und hineingebissen haben. Herr Wehrli, der Schweizer Alpensenn und Nebenerwerbsnotar, hat dem Steward, der ihn einen Monat lang im Europa-Restaurant bediente, zum Abschied ein Paar seiner Schuhe geschenkt – leidlich gebraucht, jedoch im Originalkarton. Wostock, unser trauriger Russe von Deck 9, wir haben ihn schon erstaunlich lange nicht mehr in der Sansibar erlebt, hat noch in unserm letzten australischen Hafen – „Ach du liebe Güte, wie hieß der doch gleich?“ (Frau Wack) – ein Didgeridoo gekauft und bläst seitdem beständig darauf herum. Ein maultrommelartiges Gewummer, „man hört’s durchs halbe Schiff“, betroffen sind natürlich nur die höheren Decks. Die angrenzenden Suitenbewohner haben gestern eine sehr kurze Sammelbeschwerde an der Rezeption abgegeben: Didgeridon’t!

08.04.2007 Bandar Abbas / Iran

Ein erster Blick: übern Innenhof des „Abbasi Hotel“, Isfahan, auf die benachbarte Medresse

Das Wetter um 6 Uhr morgens: 14° C, windstill, dunstig


Der Sauberkeitsfimmel der Einheimischen: Im Eingangsbereich unsres Busses hatte man Zeitungspapier ausgelegt, über den Sitzen winzige Teppiche, um die Bezüge vor direktem Kontakt mit fremdländischen Gesäßen zu schützen. Auf den Straßen alles gekehrt und geschleckt, kein bißchen Müll, ein regelrechter Kulturschock für P., der sich „Persien wenigstens ’n ##bißchen## indischer vorgestellt“ hatte. – Der Sauberkeitsfimmel der Touristen: Frau Laufkötter beschwerte sich, weil’s auf der öffentlichen Toilette in Persepolis keine Papierhandtücher gab; über die Rolle Klopapier, die man stattdessen am Waschbecken bereitgehalten habe, rümpfte sie pikiert die Nase, „die reinste Bakterienschleuder“. Und überhaupt: Bei unserm Überlandausflug zum Taj Mahal sei die Reiseleiterin alle fünf Minuten durch den Bus gegangen, um uns Desinfektionsmittel in die Hände zu schütten; ob man das im Iran nicht für nötig halte? Graf Harro: „So, wie’s hier aussieht, desinfizieren sich die Iraner, wenn sie mit uns Kontakt hatten.“ Frau Laufkötter jedenfalls bewundernswert konsequent, nach dem Besuch der Spiegelmoschee rieb sie sich mit einem EUROPA-Erfrischungstuch die Füße ab, schließlich seien sie in direktem Kontakt mit iranischen Teppichen gewesen. Auch die Einheimischen haben Respekt vor Perserteppichen, legen ihre Stirn beim Beten auf einen badekomprettenkleinen Stein; Graf Harro: „Sind ja nicht nur sie selber, die hier barfuß gehen.“ Beim Abendessen im „Soofie Restaurant“ wollte er Frau Laufkötter mit einem kräftigen Händedruck gratulieren; sie hingegen deutete wortlos auf ihren Oberarm: Sie wolle sich nicht schon wieder die Hände schmutzig machen. – Soweit zu Shiraz; noch am Abend flogen wir weiter nach Isfahan; die Sitze im Bus, der uns dort abholte, hatte man nachträglich mit Plastikfolie bezogen. Und die Handtücher im Hotel, jedes einzeln, in Plastikfolie eingeschweißt.